Was ist guter Schlaf?

March 29, 2021

Schlaf ist das Fundament auf dem alle anderen Gesundheitsparameter aufbauen. Schläfst Du zu wenig oder schlecht, treten die meisten anderen Anstrengungen, die Du für deine Gesundheit unternimmst, in den Hintergrund.

Eine Studie an jungen, gesunden Personen hat gezeigt, dass diese nach einer Woche mit zu wenig Schlaf (4-5 anstelle 7-9 Stunden) in einem oralen Glucosetoleranztest Resultate wie ein Prädiabetiker aufwiesen. Das heisst: Ihr Blutzuckerspiegel war erhöht, die Insulinsensitivität herabgesetzt und die Cortisolspiegel zu hoch. Vernachlässigt man also seinen Schlaf, nützen alle Anstrengungen für eine gesunde Ernährung wenig, weil die Zuckerverwertung durch das Schlafdefizit bereits stark dereguliert ist.

Andere Studien haben gezeigt, dass müde Menschen pro Mahlzeit 200-300 kcal mehr zu sich nehmen als ausgeruhte Personen und vermehrt zu zucker- und salzhaltigen Produkten (Snacks) greifen. Übergewicht ist somit vorprogrammiert.

Unterdessen gibt es unzählige Studien, die den Zusammenhang zwischen Schlaf und dem Auftreten chronischer Erkrankungen untersucht haben. So konnte gezeigt werden, dass wenig bzw. schlechter Schlaf das Immunsystem schwächt, das Risiko für Alzheimer-Demenz erhöht, Diabetes, Herz-/Kreislauferkrankungen und Depressionen fördert und Krebserkrankungen begünstigt. Und es ist auch akut gefährlich: Autofahrer, die nur 4 Stunden geschlafen haben, fahren in einem ähnlichen Zustand wie Betrunkene! 

Was ist guter Schlaf?

Um die Qualität vom Schlaf zu beurteilen, muss man die vier Faktoren Schlafdauer, Schlaftiefe, die Kontinuität (das heisst das Durchschlafen ohne Unterbrüche) und die Regelmässigkeit des Schlafs betrachten. Eine Schlafdauer zwischen 7 und 9 Stunden scheint für den Grossteil der Menschen optimal zu sein. Ein guter Schlaf ist möglichst durchgehend und sollte genügend Tiefschlaf und REM-Schlaf beinhalten. Am besten ist es, an allen Tagen etwa zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen. Dies ist wichtig für das Aufrechterhalten des zirkadianen Rhythmus. Schichtarbeit und Reisen durch mehrere Zeitzonen stören diesen Rhythmus stark. Jetlag und ein höheres Krankheitsrisiko sind die Folgen.


Der Schlafzyklus

Ein Schlafzyklus dauert ca. 90 Minuten und läuft in einer typischen Folge ab. Zuerst werden die Non-REM Phasen 1 bis 4 und wieder zurück von 4 zu 1 durchlaufen, dann folgt die REM-Phase. Abhängig von der Schlafdauer wiederholt sich dieser Zyklus 3-5 Mal pro Nacht. 

  • REM-Schlaf: REM steht für “Rapid Eye Movement” und ist die Schlafphase, in der wir hauptsächlich träumen. Sie ist wichtig für die emotionale Verarbeitung, die Kreativität und die Vernetzung sowie Bewertung von Erlebtem und Erlerntem. Diese Phase tritt vermehrt in der zweiten Nachthälfte auf. Wenn wir nicht genügend lange schlafen, leidet meist die Dauer des REM-Schlafes. 
  • Non-REM-Schlaf: Der restliche Schlaf ist Non-REM-Schlaf und wird in 4 Phasen eingeteilt. Phase 1 und 2 bezeichnet man als Leichtschlaf, Phase 3 und 4 zählen zum Tiefschlaf. Letztere sind besonders wichtig für Reinigungsprozesse im Gehirn, für die Erholung sowie das Abspeichern von Eindrücken und die Gedächtnisbildung. Längere Tiefschlafphasen treten vor allem in der ersten Nachthälfte auf und nehmen mit dem Alter kontinuierlich ab.

Was kann man tun, um seinen Schlaf zu verbessern?

Hormonumstellungen (insbesondere die Menopause), Stress, Schmerzen und viele weitere Faktoren können den Schlaf beeinträchtigen. Auch nimmt die Schlafqualität bei vielen Menschen ab, wenn sie älter werden. Trotzdem gibt es Einiges, das man selbst in die Hände nehmen kann, um die Chancen auf einen guten Schlaf zu erhöhen. 

Hier eine Liste mit Massnahmen, die erwiesenermassen die Schlafqualität verbessern:

  • Möglichst zur gleichen Zeit ins Bett gehen, mindestens 8 Stunden bevor der Wecker läutet. Denn die effektive Schlafdauer ist um einiges kürzer als die Zeit im Bett. Auf Deinen Chronotyp achten (Eule oder Lärche) und den besten Kompromiss finden zwischen deiner natürlichen Zubettgehzeit und deinen Verpflichtungen (Arbeit, Schule, Familie), die bestimmen, wann Du aufstehen musst.
  • Kein Koffein (Kaffee, Schwarztee, Grüntee, Cola, Redbull etc.) nach 14 Uhr. Koffein hat eine Halbwertszeit von 6-8 Stunden. Wenn man um 14 Uhr einen Kaffee trinkt, ist um 20-22 Uhr also noch die Hälfte des Koffeins im Blut. Koffein blockt Rezeptoren, an die sich normalerweise das schlaffördernde Adenosin anlagert. Adenosin baut sich im Körper während der Wachphase immer mehr auf und erzeugt in genügend hoher Konzentration einen Schlafdruck. Sind die Rezeptoren von Koffein besetzt, setzt die Schläfrigkeit nicht oder weniger stark ein.
  • Kein Alkohol und keine Mahlzeiten in den letzten 3 Stunden vor dem Schlafen. Der Abbau von Alkohol stört den Schlaf und verändert die Schlafstruktur. Man hat vielleicht subjektiv das Gefühl, besser oder schneller einzuschlafen, ist aber am nächsten Morgen nicht ausgeruht. Alkohol verlängert die Phase, bis sich die Herzfrequenz auf dem erwünschten tiefen Niveau stabilisiert, verkürzt den REM-Schlaf und wirkt diuretisch. Dadurch muss man eher oder öfter in der Nacht auf die Toilette, was die Schlafkontinuität verschlechtert. Spätes Essen kann die Körperkerntemperatur erhöhen und so dem Schlaf entgegenwirken. Auch ist die Gefahr von Reflux oder Verdauungsbeschwerden grösser.
  • Viel Bewegung am Tag hilft, dass man am Abend angenehm müde wird und stärkt den zirkadianen Rhythmus. Jedoch sind Trainings am späteren Abend nicht zu empfehlen. 4 Stunden vor dem Zubettgehen sollte man mit anstrengenden Sportaktivitäten fertig sein.
  • Helles Licht, am besten Sonnenlicht, bald nach dem Aufstehen, festigt ebenfalls den zirkadianen Rhythmus und stoppt die Melatoninproduktion (unser Schlafhormon). Optimal: am Morgen kurz nach draussen an die frische Luft gehen.
  • Kühles und dunkles Schlafzimmer - ideal sind 16-18 Grad. Der Schlafzyklus folgt dem Zyklus der Körpertemperatur. Sinkt die Körpertemperatur am Abend, ist das ein Zeichen für unser Hirn, dass es Zeit ist zu schlafen. Ein kühles Schlafzimmer unterstützt diesen Prozess und lässt uns schneller ein- und besser durchschlafen. 
  • Blaues Licht am Abend vermeiden. Blaues Licht von hellen Lampen, Computerbildschirmen, Handys und Fernsehern blockiert die Melatoninproduktion, welche spezialisierte Zellen hinter den Augen bei Dämmerung ankurbeln. Bei Handys, Computern oder e-Readern empfiehlt sich der “Night Shift Modus” bzw. die Einstellung von warmem Licht 3-4 Stunden vor dem Zubettgehen. Auch gibt es Brillen, die das Blaulicht blockieren und in den Abendstunden getragen werden können. Die Beleuchtung im Haus ist nach Möglichkeit zu dimmen und warme Lichtquellen zu bevorzugen.
  • Meditieren vor dem Zubettgehen. Ob gezielte Atemübungen, progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, eine Meditation mit Hilfe einer App oder in eigener Regie, spielt keine Rolle. Wichtig ist, eine Meditationsart zu finden, die zu einem passt und entspannt.
  • Oder vielleicht findest Du dein ganz persönliches Abendritual, welches Dir Ruhe bringt, und deinem Körper sagt, dass er sich aufs baldige Schlafen einstellen kann. Ein paar Seiten lesen im Bett, einen Kräutertee trinken oder Musik hören  - wenn Du etwas regelmässig machst, was Dich beruhigt, stärkt das den zirkadianen Rhythmus.

Wenn diese Massnahmen nicht helfen, können Nahrungsergänzungsmittel auf pflanzlicher Basis, die die Schlafstruktur nicht zu beeinflussen scheinen, hilfreich sein. Das sind zum Beispiel Extrakte aus Baldrian, Hopfen, Melisse, Lavendel oder auch CBD (aus Hanf). Sie stehen als Tropfen oder Tabletten zur Verfügung. 

Chemische, freiverkäufliche Medikamente sollten, wenn überhaupt, nur kurzfristig angewendet werden, da sie die Schlafstruktur ungünstig beeinflussen und auch Nebenwirkungen haben. In der Schweiz verschreibungspflichtig, aber interessant, weil ein körpereigenes Hormon, ist Melatonin. In vielen Ländern ist es als Nahrungsergänzungsmittel rezeptfrei erhältlich. Es kann besonders bei Jetlag und Problemen mit dem zirkadianen Rhythmus helfen.

“You can’t really go back in time, you can’t pay back a debt that you’ve accumulated at that point and wash away the damage that happened at that point, but you can risk mitigate in the future by getting good sleep.” Matthew Walker, Professor für Neurowissenschaften und Psychologie an der Universität Kalifornien in Berkeley und Autor des internationalen Bestsellers “Why we sleep”.

Wenn alles nichts nützt, solltest Du mit deinem Arzt sprechen. Vielleicht gibt es andere Gründe für die Schlafprobleme. Hormonelle Imbalancen, psychische Probleme, eine Schlafapnoe und viele weitere Ursachen können den Schlaf beeinträchtigen.

Vernachlässigst Du den Schlaf, weil dein Tag zu wenig lang ist für alles, was Du machen willst? Dann gebe ich Dir den folgenden Tipp: Genügend Schlaf ist nicht verhandelbar. Der wichtigste Termin im Kalender ist ein genügend langer Schlaf. Versuch alles andere rundherum zu arrangieren.

Auf viel guten Schlaf, 

Dein bodelight-Coach, Sandra